Der Frühling hat begonnen

 Nach der bis jetzt lawinenreichsten Zeit und der recht kritischen Lawinensituation um den 10. März, wurde der Lawinenwarndienst vor eine neue Herausforderung gestellt: Den Frühlingsbeginn. Alljährlich stellt man sich dieselben Fragen: Wann wird die Schneedecke das erste Mal so durchnässt, dass das Nassschneeproblem ernsthaft ein Thema wird? Und gibt es das Problem nur an Sonnenhängen, oder auch schon an Schattenhängen? Mit Regen könnte es auch schon in Schattenhängen problematisch werden. Aber bis in welche Höhe regnet es? Und ist es in der Nacht bedeckt, oder reißt es dann doch auf und die Schneedecke kann gut auskühlen? Viele Faktoren, die es vorsichtig abzuwägen und zu beachten gilt, da schon kleine Änderungen derselben, große Auswirkungen auf die Schnee- und Lawinensituation haben.

Vor etwa einer Woche, am 15. März, war es dann das erste Mal in dieser Saison so weit und die "Nassschneesaison" hat begonnen, zunächst vor allem für Sonnenhänge. Die Gefahr von trockenen Lawinen, war in der Höhe allerdings noch als Triebschneeproblem gegeben. Immer wieder, vor allem am Sonntag, 17. März, und Montag, 18. März, fiel in der Höhe Neuschnee mit Wind, der sich aber durch die Wärme recht schnell wieder stabilisierte. Zugleich regnete es weit hinauf, wodurch Nass- und Gleitschnee auch in den Schattenhängen zum Problem wurden. Die Nächte waren teilweise bedeckt und verhinderten ein nächtliches Abkühlen und Gefrieren der Schneedecke. Am Mittwoch, 20. März, wurde es dann so richtig sonnig und warm: Vor allem aus West- und Osthängen musste man mit spontanen, mittelgroßen (Größe 2) Nassschneelawinen rechnen.

In der Höhe ist es noch winterlich. Unterhalb des Roten Kopfs (Langtaufers) auf über 3000 m hatte es in der Nacht geschneit. (Foto: Ludwig Gorfer, 16.03.2024)
Die frühlingshaften Bedingungen führten zu erhöhter Gleitschneeaktivität, so wie hier östlich der Wetterspitze (Pflersch) auf ca. 1900 m. (Foto: Robert Alpögger, 16.03.2024)
Auch aus dem hinteren Ahrntal wurden uns Nass- und Gleitschneelawinen gemeldet (Windtal, Prettau). (Foto: Florian Leitner, 17.03.2024)
Blick auf Planeil (Mals): In mittleren Lagen liegt sonnseitig kaum mehr Schnee, schattseitig nur noch wenig Schnee. Feuchte und milde Luftmassen, diffuse Strahlung sind ideale Faktoren um die Schneedecke zu durchfeuchten und zu schwächen. (Foto: Forststation Mals, 18.03.2024)
Kurz unterhalb des Langgrubjochs (ca. 3000 m) kam es zur Auslösung einer kleinen trockenen Lawine. Der frische Triebschnee konnte auf einer dünnen Schicht aus Oberflächenreif leicht ausgelöst werden. (Foto: Ludwig Gorfer, 19.03.2024)
Zahlreiche, vor allem kleine (Größe 1) und vereinzelt mittlere (Größe 2) Lockerschneelawinen konnte man in vielen Sonnenhängen beobachten, zum Beispiel unterhalb des Schüttalkopfs im Ahrntal. (Foto: Ewald Beikircher, 20.03.2024)
Nordwestseitig findet man unterhalb der Moarerspitz auf 1850 m zwar noch einiges an Schnee, allerdings ist die Schneedecke bereits isotherm, das heißt, die Temperatur beträgt über die gesamte Schneedecke 0 °C, und besteht vor allem aus Schmelzformen. (Schneeprofil: Forststation Ratschings, 21.03.2024)

Wie geht’s weiter?

Die kommende Nacht verläuft oft klar, somit kann die Schneedecke gut ausstrahlen und sich oberflächlich verfestigen. Damit sind die Bedingungen in der Früh günstig, die Hauptgefahr geht von Gleitschneelawinen aus, die vereinzelt auch schon am Morgen möglich sind. Tagsüber steigt die Gefahr von nassen Lockerschnee- und Schneebrett, sowie Gleitschneelawinen mit der Erwärmung und Sonnenstrahlung wieder etwas an. Am Nachmittag überquert dann eine rasche Kaltfront aus Nordwesten unser Land und bringt etwas Neuschnee bei teils starkem West-Nordwestwind:

Besonders in den östlichen Landesteilen fällt Schnee, lokal sind bis zu 15 cm möglich, meist sind es aber nicht mehr als 10 cm. Die aktuellen Prognosen gibt es wie immer hier: https://lawinen.report/weather/map/new-snow

Während die Temperaturen auf 3000 m von heute auf morgen nur wenig zurück gehen, sinken sie mit der Kaltfront um fast 10 °C ab. Am Sonntag, 24. März, liegen die Temperaturen auf 3000 m bei -12 °C. Mit dem Temperaturrückgang ist das aktuelle Nassschneeproblem zwar vom Tisch, in den Hauptniederschlagsgebieten muss man aber am Sonntag bei Sonnenstrahlung vermehrt mit Lockerschneelawinen aus extremem Steilgelände rechnen. Außerdem gilt es kurzzeitig die frischen Triebschneepakete im schattigen Steilgelände in hohen Lagen und im Hochgebirge zu beachten.

Nächste Woche geht es dann eher wechselhaft weiter. Die Luftmassen werden wieder wärmer und feuchter, damit tritt die Nass- und Gleitschneeproblematik langsam wieder in den Vordergrund. Die Schneequalität sinkt.

Größere Neuschneemengen sind bis Anfang April keine in Sicht. Im Bild die Prognose der akkumulierten Neuschneesumme für die Grödner Dolomiten auf 2402 m.

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